04. April 2005

Der lange Hals der Sauropoden


Ein europäisches Großprojekt mit dem Namen "Biologie der Dinosaurier - Evolution des Gigantismus" soll in den kommenden sechs Jahren das Rätsel um das Riesenwachstum bei den Sauropoden klären.

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Ein europäisches Großprojekt will herausfinden, wie die Sauropoden "funktionierten".


Sauropoden waren gigantische Dinosaurier mit langem Hals und langem Schwanz, die sich ausschließlich von Pflanzen ernährten. Schätzungen zufolge konnten einige dieser Riesen bis zu 40 Meter lang und 100 Tonnen schwer werden − vermutlich das äußerste Limit, das ein an Land lebendes Tier biologisch und physiologisch erreichen kann. Manche Wissenschaftler glauben, dass die Evolution nur fünf Millionen Jahre benötigte, um solche riesigen Kreaturen aus höchstens zehn Meter langen Sauriern hervorgehen zu lassen.

Wie diese ungeheuer großen Landtiere mit dem enormen Gewicht klar kamen, wie das Blut vom Herz in den reltaiv weit entfernten Kopf gepumpt wurde und wieso sich überhaupt so riesengroße Exemplare an Land hatten entwickeln können - diesen Geheimnissen versuchen 15 europäische Experten-Teams aus verschiedenen Fachrichtungen auf die Schliche zu kommen: Paläontologen, Physiologen, Biologen, Biomechaniker, Tiermediziner und Ingenieure.

Zwei dieser Experten sind der Kieler Biologie-Professor Andreas Christian und der Doktorand Gordon Dzemski von der Uni Flensburg. Sie erforschen in erster Linie den Aufbau des Halses der Sauropoden, um die Frage zu klären, wie die langhalsigen Riesenechsen ihren Hals für gewöhnlich trugen.

Zu diesem Zweck untersuchten die beiden Wissenschaftler in diversen Mussen überall in Europa die Halswirbel von Saurierskeletten und verglichen sie anschließend mit den Knochen heute lebender Tiere − wie etwa die vom Strauß, vom Kamel und von der Giraffe.

Mithilfe von Computersimulationen versuchen sie nun zu analysieren, wie viel Druck bei den unterschiedlichen Bewegungen auf den Halswirbeln gelastet hat. Nach Aussage von Dzemski ließen die Gelenke eine große Beweglichkeit des Halses zu. Dies schließt er aus der Form und dem Spielraum in den Zwischenräumen. Da Kamele und Strauße ihren Hals eher selten in "Idealstellung" benutzen, sondern meist höher tragen, nimmt er an, dass auch die Sauropoden ihren Kopf nicht nur nahe am Boden hielten.

Christian erklärt: "Saurier mit relativ kurzen Vorderbeinen wie der Diplodocus hielten ihre Hälse wahrscheinlich flach." Sie setzten ihren Hals vermutlich dazu ein, weite Flächen abzugrasen ohne ihren massigen Leib von der Stelle fortbewegen zu müssen. So konnten sie viel Energie einsparen und trotzdem die nötige Menge an Nahrung aufnehmen, die ihr riesiger Körper benötigte.

"Hatte ein Saurier aber lange Vorderbeine, wie etwa der Brachiosaurus, setzte er seinen Hals wohl hauptsächlich zum Fressen in der Höhe ein", so Christian. Das würde bedeuten, dass einige der Riesensaurier ein enorm starkes Herz gehabt haben müssen.

Eine heute lebende Giraffe hat wegen ihres Halses einen Blutdruck von bis zu 400 Milliometern Quecksilbersäule. Bei einem Sauropoden mit hoch sitzendem Kopf müssten das mindestens 700 mmHg gewesen sein. (Zum Vergleich: Der normale systolische Blutdruck eines Menschen liegt je nach Alter zwischen 120 und 140 mmHg.)

Der US-Forscher Kent Stevens kam nach Computersimulationen allerdings zu einem anderen Schluss: Seinen Ergebnissen zufolge müssen Sauropoden ihren Hals grundsätzlich in der Neutralstellung, also flach gehalten haben. Bisher konnte noch keine Einigung in dieser Frage erzielt werden.

Das europäische Großprojekt hat allerdings schon einige überraschende Erkenntnisse zu Tage gefördert: So waren die Dinosaurier scheinbar leichter als man bisher annahm. Vermutlich besaßen die Riesensaurier Lungen, die denen von Vögeln glichen, mit Luftsäcken bis weit in den Hals hinein. Somit müssten die bisherigen Gewichtsschätzungen wahrscheinlich nach unten korrigiert werden; Christian vermutet um bis zu 20 Prozent.

Und Hautabdrücke, die immer häufiger gefunden werden, verweisen darauf, dass zumindest die kleinen Dinosaurier oftmals ein Federkleid getragen haben.


weitere Informationen unter:

  • Uni-Protokolle:
    Die Sauropoden: Flink und wendig - trotz Riesengröße
  • Spiegel Online:
    Forscher enträtseln den Gigantismus
  • g-o.de:
    Megasaurier flinker als gedacht
  • Lübecker Nachrichten:
    Zwei Flensburger Wissenschaftler erforschen das Leben der Riesen-Dinosaurier



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