Re: Fossilienfälschungen aus China


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Geschrieben von exi am 09. Februar 2006 18:09:24:

Als Antwort auf: Re: Fossilienfälschungen aus China geschrieben von Trevor Dykes am 02. Februar 2006 08:48:05:

Hallo Trevor,

vorab erwähne ich, daß ich selbst nichts sammle. Schon gar keine Fossilien, Gesteinsarten und Kristalle. Deswegen fehlt mir die Erfahrung und das Verständnis, und es fällt mir leicht die Sammelleidenschaft zu verurteilen.

Im harmlosen Fall wird ein geologischer Sammler wohl in den Steinbruch gehen und mit Auge und Gesteinshammer Schichten ablösen. Zuhause dann mit Feinmeißel und Pinsel weiter verarbeiten. Und zum Schluß wertlose Ammoniten, Schachtelhalme oder Kleintiere erhalten. Ich schreibe absichtlich wertlos, weil sich wahrscheinlich kein Museum darum kümmern wird. Und selbst nach Ableben des Sammlers weigern würde die Petrifakte auch nur als Schenkung anzunehmen und im Keller zu lagern. Selbst wenn sich viele Sammler vereinen würden um ein dem Steinbruch gewidmetes Museum zu gründen, würde diese Sammlung aus vielen gleichen Dingen bestehen. Und alles überzählige wohl doch zu Kies, Beton, Schieferplatten, usw. verarbeitet werden (falls der Steinbruch abgebaut wird), oder im Boden liegen bleiben (falls der Steinbruch nicht abgebaut wird).
Erschwerend kommt noch hinzu, daß der Zahn der Zeit an freigelegten Stücken viel stärker nagt. Eine Kriegsbombe, ein Wasserschaden, Banausen und Vandalen, oder ein simples auf den Boden fallenlassen, und das mit mit Mühe und Sorgfalt freigelegte Anschauungsstück ist nur noch ein Haufen Splitter. Das Bergen hat die Lebensdauer auf wenige Jahrzehnte verkürzt - hätte man das Stück im Boden gelassen, dann könnten es noch Millionen weitere Generationen betrachten.
Und, wie gesagt, hier schere ich wertlose Stücke über einen Kamm und verallgemeinere alle Fundstellen mit den Augen eines Nichtsammlers.


Wertvolle Objekte bietet natürlich auch ein Thema das durch seine Komplexität schwer zu fassen ist. Allein die Frage wann ein Fund wertvoll sein soll, ist heikel; wie der kürzliche Fund eines Krokodils im Keller des Museums von NY zeigt.
Einen wissenschaftlichen Wert festzustellen fällt bereits den langjährigen Spezialisten schwer. Hier spielen ja nicht Größe und Erhaltungsgrad eine Rolle, sondern Abweichungen einzelner Knochen, Unterschiede in Blüten, oder der Länge von Insektenfühlern. Und der Wert hängt stark vom aktuellen Wissenstand ab. Es mag zwar extrem unwahrscheinlich sein, daß gerade dieser Einschluß im Bernstein, oder dieser Abdruck eines Urfisches in ferner Zukunft ein evolutionäres Detail belegt, aber ganz ausschließen kann man solche Zufälle nie. Und verarbeitet, oder dem Hobbysammler übergeben, ist es bald für alle Zeiten zerstört. Am Fundort belassen hätte es vielleicht eventuell mutmaßlich unter Umständen später etwas bedeuten können. (Oder vielleicht eventuell mutmaßlich unter anderen Umständen auch nicht.)
Einen materiellen Wert in Euro fest zu machen ist so gut wie unmöglich. Die Herstellungskosten belaufen sich auf Null Euro. Egal ob man einen Pflanzenabdrücke, kambrische Wirbellose, oder frühe Hominiden vor sich hat, es sind immer nur Steine die man vom Boden aufhebt. Bergen, herausarbeiten und konservieren bringen dann einen Wert in Form menschlicher Arbeit ins Spiel. Aber ich glaube, daß hier nicht die eigentliche Arbeit honoriert wird, sondern daß man für den Namen des Konservators bezahlt. Seltenes in Händen von Laien wird unterbezahlt (davon gehe ich zumindest aus), alltägliches aus dem Museumskeller wird (so erwarte ich) überbezahlt.

Abgesehen davon, daß eine Laie (eher) selten nach Augenschein beurteilen kann was echt oder falsch ist, sehe ich in der Preisgebung die Ursache dafür daß es überhaupt Fälschungen gibt. Echte Stücke entziehen sich einer Schätzbarkeit und sollten deshalb nicht gegen Devisen gehandelt werden. Und damit würde auch der Fälschungshandel ausgehebelt werden.
Du hast Holzmaden und Dorset erwähnt. Und das dortige Verfahren klingt effizient und nutzt allen Beteiligten. Die Museen haben (mangels Geld) selten die Möglichkeit alle Fundstellen restlos zu sondieren. Sind also auf die unentgeltliche Mithilfe von Hobbyforschern angewiesen. In einer Was-Wäre-Wenn-Utopie sollte dieses Vorgehen auf alle Stätten ausgedehnt werden. Wobei die Museen als Verwalter (und formaler Besitzer) die Stücke nach Begutachtung freigeben. Fälscher wären hier leicht zu identifizieren, da sie ihre Fundstellen nennen müßten, es aber nicht können. Allerdings wäre ein privates Tauschen ebenfalls anrüchig.
Den professionellen Sammlern wäre zwar auch das Wasser abgegraben, aber wenn ich schon eine Was-Wäre-Wenn-Utopie aufbaue, dann können sich diese ja in den Museumsbetrieb integrieren. Zumindst dann, wenn sie sich aus Idealismus der Forschung verschrieben haben. Falls nicht, dann würden sie pleite gehen, aber zumindest ich würde auf Gewinnstreben ausgerichteten Urzeitforschern keine Träne nachweinen.

tschüs
exi




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