16. August 2018

Spinosaurus: Zweifel an semiaquatischer Lebensweise



Im Jahr 2014 überraschten Forscher um Nizar Ibrahim mit einer vollkommen überarbeiteten Version des Spinosaurus, der sich nicht nur äußerlich von den bisherigen Darstellungen unterschied, sondern auch von den vermuteten Verhaltensweisen. (vgl. Nachricht vom Sept. 2014)

Ibrahim und seine Kollegen vermuteten aufgrund der neuen Erkenntnisse, dass Spinosaurus semiaquatisch lebte ähnlich heutiger Krokodile, zwar an Land kommen konnte, aber doch das Wasser als Lebensraum bevorzugte. Ihrer Meinung nach wären seine Hinterbeine nicht kräfig genug gewesen, um ihm einen bipeden Gang zu ermöglichen. Im Wasser hingegen hätte er sich vermutlich wohl gefühlt und sich halb watend, halb schwimmend, unterstützt von einem hin- und herschlagenden Schwanz vorwärtsbewegt.

Aufgrund der Handanatomie wurde die angebliche quadrupede Laufweise an Land jedoch sehr schnell angezweifelt. Viele Paläontolgen widersprachen der Möglichkeit, dass Spinosaurus auf Knöcheln hätte laufen können.

Nun zieht eine weitere Studie die Schlussfolgerungen Ibrahims und seiner Kollegen weiter in Zweifel.

Mithilfe einer dreidimensionalen Computeranimation und Analysen heutiger Alligatoren und Pinguinen kommen die Forscher zu dem Ergebnis, dass Spinosaurus als Schwimmer eher ungeeignet gewesen wäre. Zum einen sei der Schwanz des Spinosaurus viel zu unbeweglich gewesen, als dass er als Antriebsmotor hätte dienen können. Zum anderen hätte sein hohes Segel eher dazu geführt, dass Spinosaurus im Wasser umgekippt wäre, hätte er nicht ständig mit seinen Beinen gegen das Umfallen gestrampelt. Und zum dritten wäre es Spinosaurus aufgrund seiner pneumatischen Knochen nicht möglich gewesen, seinen ganzen Körper unter Wasser zu bringen, selbst wenn er dreiviertel seiner Luft aus den Lungen herausgedrückt hätte. Die Unfähigkeit unterzutauchen ist für einen Wasserjäger allerdings äußerst hinderlich, da er so seiner Beute nicht wirklich nachjagen kann.

Außerdem liegt der Schwerpunkt, anders als von Ibrahim und seinen Kollegen berechnet, eindeutig über der Hüfte wie bei den anderen Theropoden, was ihm die bipede Fortbewegungsart durchaus ermöglicht hätte. Somit wäre Spinosaurus ein ebenso geschickter Landgänger gewesen wie die anderen Theropoden auch.

Die Forscher haben neben dem Spinosaurus auch andere Theropoden wie Tyrannosaurus, Allosaurus, Coelophysis, Struthiomimus und Baryonyx auf ihre Schwimmtauglichkeit getestet und sind zu dem Schluss gekommen, dass sie ähnlich wie Spinosaurus hätten schwimmen können und aufgrund des fehlenden Segels vermutlich sogar besser im Wasser gelegen hätten als Spinosaurus. Daher gäbe es keinen Grund, das Wasser als eigenständigen Lebensraum des Spinosaurus anzusehen.

Vielmehr vermuten die Forscher, dass Spinosaurus ähnlich heutiger Grizzlys am Ufer oder im seichten Wasser stand und mit seiner Schnauze und seinen Händen nach Fischen schnappte.

Abschließend merken die Forscher noch an, dass das von Ibrahim und Kollegen zusammengesetzte Skelett aus Knochen diverser Individuen stammt, ergänzt durch Knochen verwandter Spezies. Daher wäre es durchaus möglich, dass die Proportionen der Beine (entweder der Hinterbeine oder der Vorderbeine) nicht ganz stimmig seien. Diese Aussage sei aber nur spekulativ, sollte jedoch im Hinterkopf behalten werden.

In einem National Geographic-Bericht liegt eine erste Reaktion von Nizar Ibrahim selbst vor: Demnach erklärt er, dass sein Team tonnenweise spannender Artikel mit zusätzlichen Hinweisen für einen wahrhaft wasserliebenen Spinosaurus gelesen hätte und dass der schwierige Teil der Forschung gerade darin bestünde, die Einzelheiten über die Art und Weise, wie die Tiere sich im Wasser bewegten und wie sie die Beute fingen, herauszufinden.

Desweiteren gibt es auf der Facebookseite des Paläontologen Thomas Holtz eine spannende Diskussion zu diesem Thema:

Der Paläontologe Andrea Cau merkt an, dass weder Ibrahim im Jahr 2014 noch Henderson bei der neuen Studie die kräftige Körperstatur gerade in Höhe des Brustkorbs berücksichtigt hätten, sondern beide Teams von einem terrestrischen Körperbau ausgegangen seien. Cau schreibt: "Die Thoraxrippen von Spinosaurus weisen nach den Zeichnungen von Stromer 1915 auf einen breiten, fassartigen Thorax hin. Hendersons Modell verwendet einen schmaleren Allosaurus-artigen Brustkorb [...]"

Cau erklärt, wie auch Henderson im ursprünglichen Artikel, dass er Probleme bei den Vordergliedmaßen sieht. Er verweist darauf, dass dringend weitere Funde getätigt werden müssten, um ein umfassendes Verständnis dieses Dinosauriers zu bekommen, da das Skelett insgesamt noch zu unvollständig sei.



weitere Informationen unter:

  • Peerj (Originalstudie - engl.):
    A buoyancy, balance and stability challenge to the hypothesis of a semi-aquatic Spinosaurus Stromer, 1915 (Dinosauria: Theropoda)
  • Reaktion von Ibrahim in National Geographic (engl.):
    Fierce 'Semiaquatic' Dinosaur May Have Been an Awkward Swimmer
  • Diskussion auf der Facebookseite von Thomas Holtz (engl.):
    "In which I, Dave Hone and Ibrahim have some thoughts (along with Henderson)"



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